|
Reportage Pressestelle der Universität Bamberg
Autor: Iris Breker, August 2005
Dieser
Artikel ist auch mit Fotos auf der
Website der
Universität Bamberg zu finden.
Vom künstlerischen „no-name-product“ zu „Passing-by“
Wochentags
pauken im Hörsaal, am Wochenende gaukeln und jonglieren
„Liebe Zuschauer, wir zeigen ihnen jetzt wie man mit
Feuer jongliert. Nachmachen in den eigenen vier Wänden
nicht zu empfehlen.“ So klingt es, wenn Tobias Thiel
und Fabian Rieger alias „Passing-by“ in Jonglier-Aktion
sind. Gemeinsam sind die beiden Bamberger Studenten seit über
zehn Jahren ein eingespieltes Team und begeistern mit ihren
Shows. Zuletzt gewannen sie den Publikumspreis beim Straßenfestival
„Bamberg zaubert 2005“ – ein weiterer Aufschwung
in ihrer Artistenkarriere.
Die
Luft knistert vor Spannung: Dicht drängen sich die Leute
aneinander, die Kids in der ersten Reihe ballen vor Aufregung
ihre kleinen Hände zu Fäusten oder fassen ihren
Nachbarn spontan an den Händen. Jetzt ist es endlich
soweit: Fabian Rieger sucht sich fünf Freiwillige, die
ihm beim Entzünden der Fackeln behilflich sind. Und dann
geht es los! Schnell und fast funkenlos scheinen die Fackeln
in der Jonglage-Show der beiden Bamberger Künstler zu
schweben. Das Publikum klatscht begeistert und spontan rufen
die ersten „Zugabe“.
„Jonglieren liegt mir im Blut“
Fabian
Rieger lernte schon mit sieben Jahren von seinem Vater das
Jonglieren. „Hätte ich Tobias nicht getroffen und
es die AG Bewegungskünste am Kaiser-Heinrich-Gymnasium
nicht gegeben, hätte mich das Jonglierfieber wahrscheinlich
nicht gepackt“, berichtet der Bamberger Student der
Politikwissenschaften. Auch Tobias Thiel ist sich sicher:
„Jonglieren liegt mir im Blut und zusammen mit Fabian
ist es doppelt gut. Wir sind ein fest eingespieltes Team und
vier Hände jonglieren einfach besser als zwei.“
Bei beiden entwickelte sich das Jonglieren, nicht zuletzt
über die 1993 gegründete AG Bewegungskünste,
sehr schnell zu einem mehr als privaten Hobby mit regelmäßigem
Training. Immer mehr begannen sie sich auf ihre Zwei-Mann-Show
mit mindestens sechs Jonglierbällen zu spezialisieren,
an dem Programm zu feilen und verstärkt im privaten Bereich
aufzutreten. „Die Herausforderung, die sich bei jeder
Show von neuem stellt ist, dass man vorher nie weiß,
wie das Publikum sich am Geschehen beteiligt. Schwierig wird
es dann, wenn zwar sehr viele Leute im Publikum stehen, aber
niemand eine Reaktion zeigt und somit kein Dialog möglich
ist“, so der Wirtschaftsinformatikstudent Tobias Thiel.
Im
Sommer 2000 nahmen Fabian und Tobias am Nachwuchswettbewerb
des Straßenkünstlerfestes „Bamberg zaubert“
teil und gewannen den 1. Preis. „Nun war es an der Zeit,
uns ‚no-names’ einen Namen zu geben“, so
Tobias Thiel. Da es sich um zwei Künstler handelt, die
sich gegenseitig Keulen zuwerfen (passing), lag das englische
Wort „passing-by“ als zukünftige Bezeichnung
des Duos nah. Seit dem Preiserfolg wird das Programm der beiden
permanent perfektioniert. Neben Straßen- und Bühnenshows
prägen in jüngster Zeit auch Feuershows ihre Shows.
Dass es dabei bisweilen ganz schön heiß hergehen
kann, weiß Tobias Thiel zu berichten: „Die Jongliertechnik
muss schon perfekt sitzen, bevor man sich an brennende Fackeln
wagen sollte. Aber alles sieht gefährlicher aus, als
es ist. Verbrennungen gibt es so gut wie nie – man merkt
einfach im Vorfeld, ob die Keule gut in der Luft liegt. Wenn
nicht, besser auf den Boden fallen lassen anstatt zu fangen.“
Die Flammen entstehen durch Verbrennung von verdampfenden
Flüssigkeiten. Die Jongliergegenstände sind meistens
mit Fackeldocht bzw. Kevlargewebe umwickelt. Dieses wird mit
den entsprechenden Flüssigkeiten getränkt und nach
dem Austropfen und Ausschütteln entzündet.
Die (Fortbewegungs-)Kunst auf Municycles
Doch
nicht nur das Jonglieren und die Kunst des Diabolos haben
es Tobias Thiel und Fabian Rieger angetan. Seit kurzem machen
sie zudem die Wege und Straßen der Altstadt mit ihren
Einrädern unsicher und ernten die Bewunderung so manches
Spaziergängers, der sich kaum vorstellen konnte, was
man mit so einem Fortbewegungsmittel so alles machen kann.
Einrad ist klar, denkt sich so mancher erstaunte Beobachter,
aber was bedeutet denn Municycle genau: Unicycle ist Englisch
für Einrad. "m" steht für mountain. So
ein Municycle oder kurz Muni ist also ein Mountaineinrad oder
Geländeeinrad. Ein Muni ist aus speziellen Teilen zusammengebaut:
Dicke Reifen, die im Gelände gut Stöße schlucken
und hohe Sprünge abfedern, breite Felgen, griffige Metalpedale,
stabile Naben und Kurbeln, sind die Kennzeichen.
Geschichte der Jonglage
Dass
sich „Passing-by“ in die lange Tradition einreiht,
zeigt ein Blick auf die Geschichte der Jonglage. Eigentlich
kann man mit allem was fliegt mehr oder weniger gut jonglieren,
manche Artisten versuchen ihr Glück sogar mit laufenden
Kettensägen. Jonglieren ist eine Mischung aus kreativer
Betätigung und Sport: Reaktionsvermögen, Geschicklichkeit,
Konzentration, Rhythmus und räumliches Vorstellungsvermögen
sind genauso gefragt wie Ausdauer und Spaß an der sportlichen
Betätigung. Jonglieren in seiner heutigen Form mit immer
mehr Raffinessen und gleichzeitigen Balanceakten auf Seilen,
Stelzen, Einrad gibt es seit etwa 100 Jahren. Nachweislich
jongliert wurde jedoch schon vor Tausenden von Jahren –
Abbildungen aus dem alten Ägypten und auch aus China
dienen als geschichtliche Quellenbelege. Auch bei den Römern
und Griechen stand das Jonglieren hoch im Kurs. Ab dem Mittelalter
zogen die Gaukler mit ihren Jonglier-Vorführungen durch
Städte und Dörfer.
Hautnah erleben kann man das Bamberger Studenten-Duo immer
Dienstag zwischen 19 und 22 Uhr beim Jonglage-Training (vor
dem Audimax an der Feki) an der Universität Bamberg.
In der Regel sind fünf bis fünfzehn Leute da. Der
Jongliertreff ist allerdings kein Workshop, bei dem sich permanent
jemand um einen kümmert, schließlich wollen alle
auch selbst zum Üben kommen – Eigeninitiative ist
also gefragt. „Bei unseren Treffen werden die neusten
Tipps und Tricks aus der Szene besprochen, eingeprobt und
diskutiert. Zudem haben sowohl Profis als auch Laien die Möglichkeit,
ihre persönliche Show vor einem fachkundigen Publikum
zu präsentieren und Lob, aber auch Kritik zu ernten“,
so Tobias Thiel. Was man mitbringen sollte: etwas Erfahrung
und jede Menge Spaß am Jonglieren – ob mit Bällen,
Keulen oder sonstigen Gegenständen. Tobias Thiels Tipp
für alle angehenden Jongleure: „Nie den Mut aufgeben
und immer schön am Ball bleiben und am Ballgefühl
arbeiten. Irgendwann kommt der Tag, da fliegen die Bälle
wie von alleine durch die Luft."
|